Veröffentlicht am März 15, 2024

Wahre Bikepacking-Autarkie ist weniger eine Frage der Ausrüstung als eine strategische Denkweise.

  • Minimalismus ist kein Verzicht, sondern die Maximierung von Gramm pro Funktion bei jedem Ausrüstungsteil.
  • Die Routenwahl bestimmt die Freiheit – meiden Sie den Radweg-Tourismus für echte Abenteuer auf unentdeckten Pfaden.

Empfehlung: Beginnen Sie damit, Ihren Kalorienbedarf präzise zu kalkulieren und Ihre Ausrüstung einem kritischen Audit auf doppelte Funktionen zu unterziehen.

Der Traum von der totalen Freiheit auf zwei Rädern – losfahren, ohne zu wissen, wo man am Abend schläft, angetrieben nur von eigener Kraft und den Vorräten am Rad. Für viele freiheitssuchende Radfahrer bleibt dies ein Traum, der an der Realität scheitert: zu viel Gepäck, die ständige Abhängigkeit von Supermärkten und die Angst, mitten im Nirgendwo ohne Schlafplatz dazustehen. Die gängigen Ratschläge konzentrieren sich oft auf den Kauf teurer Ultraleicht-Ausrüstung oder generische Packlisten, die das eigentliche Problem ignorieren.

Die meisten Touren enden so als „Radweg-Tourismus“ von einem Campingplatz zum nächsten, eine domestizierte Form des Abenteuers, die an den Fesseln der Zivilisation bleibt. Man optimiert das Rad, aber nicht das System. Doch was wäre, wenn die wahre Autarkie nicht im Besitz der leichtesten Ausrüstung liegt, sondern in der meisterhaften Beherrschung eines strategischen Systems? Eines Systems, das die drei Säulen der Unabhängigkeit – Raum, Energie und Wissen – intelligent miteinander verknüpft.

Dieser Guide bricht mit der reinen Materialschlacht. Stattdessen liefert er Ihnen eine Denkweise, ein Autarkie-System, mit dem Sie Ihre Unabhängigkeit maximieren. Wir werden untersuchen, wie Sie mit unter 8 kg Gepäck für eine Woche auskommen, wie Sie Routen abseits der ausgetretenen Pfade finden und wie Sie Ihren Energiehaushalt präzise steuern. Es geht darum, das System zu verstehen, das Sie von externen Abhängigkeiten befreit und Ihnen die ultimative Routen-Freiheit schenkt.

Dieser Artikel führt Sie durch die strategischen Bausteine, die für eine vollständige Selbstversorgung auf dem Rad entscheidend sind. Der folgende Überblick zeigt Ihnen die Schlüsselthemen, mit denen Sie Ihre Bikepacking-Fähigkeiten auf ein neues Level der Unabhängigkeit heben werden.

Warum die Fähigkeit, überall zu schlafen und zu kochen, Ihre Routenfreiheit verdreifacht?

Die ultimative Währung beim Bikepacking ist nicht der Kilometerstand, sondern die Routen-Freiheit. Diese Freiheit entsteht in dem Moment, in dem Sie sich von der Notwendigkeit fester Infrastruktur wie Hotels, Restaurants oder selbst Campingplätzen entkoppeln. Die Fähigkeit, Ihr Lager aufzuschlagen und eine warme Mahlzeit zuzubereiten, wo immer Sie der Weg hinführt, ist der entscheidende Hebel zur totalen Autarkie. Sie sind nicht länger gezwungen, Ihre Route nach der Verfügbarkeit von Unterkünften auszurichten, sondern können dem Abenteuer folgen.

Allerdings stellt sich in dicht besiedelten Regionen wie Deutschland die rechtliche Frage. Wildcampen ist ein komplexes Thema; eine aktuelle Recherche des ZDF zur Rechtslage zeigt, dass 16 verschiedene Landesgesetze das Übernachten in der Natur regeln, mit potenziellen Bußgeldern von bis zu 5.000 Euro. Diese Hürde scheint der Idee der totalen Freiheit zu widersprechen. Doch ein strategischer Ansatz, der Wissen anstelle von Ignoranz setzt, löst diesen Konflikt auf. Es geht nicht darum, Gesetze zu brechen, sondern darum, die legalen Grauzonen und Möglichkeiten zu kennen und zu nutzen.

Der Schlüssel liegt im Verständnis des Unterschieds zwischen „Zelten“ (Campieren) und „Lagern“ (Biwakieren). Ein geplantes Notbiwak für eine Nacht ohne Zelt wird in den meisten Bundesländern geduldet. Noch besser ist die proaktive Kommunikation: Viele Land- und Forstbesitzer erlauben eine einzelne Übernachtung, wenn man höflich fragt. Die folgende Checkliste ist Ihr strategischer Leitfaden, um legal und respektvoll einen Schlafplatz in der Natur zu finden.

Plan zur legalen Übernachtungssuche

  1. Rechtlichen Rahmen verstehen: Machen Sie sich mit dem Unterschied zwischen „Lagern“ (oft toleriertes Biwakieren für eine Nacht) und „Zelten“ (genehmigungspflichtig) in Ihrem Zielland oder Bundesland vertraut.
  2. Eigentümer identifizieren: Finden Sie über das zuständige Forstamt oder die Gemeindeverwaltung heraus, wer der Eigentümer des Grundstücks ist (privat, staatlich, kommunal).
  3. Erlaubnis einholen: Nutzen Sie einen einfachen Gesprächsleitfaden. Betonen Sie den kurzen Aufenthalt (eine Nacht), Ihre Selbstversorgung und versichern Sie, nach dem „Leave No Trace“-Prinzip keine Spuren zu hinterlassen.
  4. Alternativen recherchieren: Suchen Sie vorab nach offiziellen Trekkingplätzen, Schutzhütten oder „1-Nacht-Camps“ als verlässliche Backup-Optionen für Ihre Route.
  5. Regeln vorab prüfen: Kontrollieren Sie vor dem Start die spezifischen Regelungen für Naturschutzgebiete und Nationalparks auf Ihrer Route, da hier oft strengere Vorschriften gelten.

Wie Sie mit 8 kg Gepäck alles für 7 Tage Autarkie am Rad transportieren?

Ein Basisgewicht von unter 8 kg für eine siebentägige, autarke Tour klingt wie eine Utopie, ist aber das Ergebnis eines radikalen Umdenkens: Weg von der Frage „Was könnte ich brauchen?“ hin zur strategischen Frage „Was ist die Gramm-pro-Funktion-Bilanz jedes einzelnen Gegenstands?“. Jedes Teil muss sich seinen Platz in der Tasche durch maximale Effizienz verdienen. Es geht nicht darum, das teuerste Titan-Besteck zu kaufen, sondern darum, ein System zu schaffen, in dem viele Teile eine Doppelfunktion erfüllen.

Ein klassisches Beispiel ist der Kochtopf, der gleichzeitig als Teller und Tasse dient, oder die Regenjacke, die als zusätzliche wärmende Windschutzschicht fungiert. Die Outdoor-Bloggerin „Fräulein Draußen“ demonstriert dieses Prinzip eindrucksvoll in ihrem Setup. Mit einer klassischen Kombination aus Rahmentasche, Satteltasche und Lenkerrolle transportiert sie Zelt, Schlafsack, Kocher und Verpflegung für mehrtägige Touren mit einem Gesamtgewicht von unter 8 kg. Dies wird möglich, weil jedes Gramm analysiert und gerechtfertigt wird.

Detailaufnahme von ultraleichter Bikepacking-Ausrüstung systematisch angeordnet

Ein entscheidender Faktor in dieser Gleichung ist die Nahrung. Schweres, wasserhaltiges Essen sabotiert jedes Leichtgewicht-Konzept. Der Fokus muss auf Lebensmitteln mit der höchsten Kaloriendichte liegen. Das folgende Tableau zeigt, wie strategische Lebensmittelauswahl das Gewicht drastisch reduziert und gleichzeitig die Energieversorgung sichert.

Kaloriendichte-Vergleich für Bikepacking-Verpflegung
Lebensmittel kcal/100g €/1000kcal Packmaß
Nussmus 620 1,50 Sehr klein
Hartkäse 400 2,00 Klein
Haferflocken 370 0,50 Mittel
Ölpulver 900 3,00 Sehr klein

Dieses Autarkie-System aus multifunktionaler Ausrüstung und energiedichter Nahrung ist der Kern eines leichten Setups. Es erfordert Disziplin und Planung, belohnt aber mit einem agilen Fahrgefühl und wahrer Unabhängigkeit.

Welche Routentypen bieten echtes Bikepacking-Erlebnis statt Radweg-Tourismus?

Die Wahl der Route entscheidet darüber, ob Ihre Tour ein echtes Abenteuer oder nur asphaltierter „Radweg-Tourismus“ wird. Während gut ausgebaute Radwege Sicherheit und Komfort bieten, opfern sie oft das, was Bikepacking ausmacht: das Gefühl von Entdeckung, Einsamkeit und die Notwendigkeit, sich auf sich selbst zu verlassen. Echte Routen-Freiheit finden Sie auf Wegen, die auf den meisten Karten nur als dünne Linien oder gar nicht existieren: alte Forstwege, vergessene Handelspfade und unbefestigte Verbindungsstraßen.

Plattformen wie GravelDeluxe haben sich darauf spezialisiert, genau solche versteckten Routen zu dokumentieren. Beispiele wie der Taunus Bikepacking Trail oder das Naturparke Gravel Crossing in Baden-Württemberg führen bewusst abseits des Mainstreams. Sie sind so konzipiert, dass sie ein Gefühl der Abgeschiedenheit vermitteln, aber dennoch alle 70-100 km strategische „Bail-Out-Punkte“ an Bahnhöfen bieten. Dies ist kein Widerspruch zur Autarkie, sondern ein intelligentes Risikomanagement.

Doch wie findet man solche Routen selbst? Die Antwort liegt in einer kontraintuitiven Methode: der Heatmap-Inversions-Technik. Statt dorthin zu fahren, wo alle fahren (die „heißen“ Bereiche auf den Aktivitätskarten von Strava oder Komoot), suchen Sie gezielt die „kalten“, wenig befahrenen Zonen. Diese digitalen Leerstellen sind oft ein Indikator für ungestörte Wege und echtes Entdeckerpotenzial. Die folgende Technik hilft Ihnen, diese Pfade aufzuspüren:

  • Strava Heatmap invertieren: Rufen Sie die globale Heatmap auf und filtern Sie visuell nach Gebieten mit der niedrigsten Aktivitätsdichte zwischen bekannten Punkten.
  • Komoot-Highlights ignorieren: Suchen Sie in der Routenplanung bewusst nach Wegen, die keine Nutzer-Highlights oder Fotos aufweisen. Dies sind oft die vergessenen Juwelen.
  • OpenStreetMap-Layer nutzen: Aktivieren Sie in OSM-basierten Karten die Layer für verlassene Bahntrassen (abandoned railway) oder historische Wege (historic=yes).
  • Karten überlagern: Überlagern Sie historische Landkarten (oft online in Archiven verfügbar) mit aktuellen Satellitenbildern, um verschwundene, aber potenziell noch befahrbare Wege zu finden.

Der Fehler, Kalorienbedarf beim Radfahren um 50% zu unterschätzen

Einer der häufigsten und folgenreichsten Fehler auf autarken Touren ist die massive Unterschätzung des eigenen Energiebedarfs. Viele Radfahrer planen ihre Verpflegung basierend auf ihrem Alltagsverbrauch und addieren einen kleinen Puffer. Das Ergebnis ist der gefürchtete „Hungerast“ am zweiten oder dritten Tag – ein Zustand totaler Erschöpfung, der nicht nur die Moral, sondern auch die Sicherheit gefährdet. Die Realität ist, dass der Körper unter Last Schwerstarbeit leistet.

Erfahrungswerte von Experten untermauern dies eindrücklich. So geben die Spezialisten von Bergzeit an, dass der Tagesbedarf bei einer 8- bis 10-stündigen Fahrt mit Gepäck schnell auf 4.000 bis 6.000 Kilokalorien ansteigt. Das ist das Zwei- bis Dreifache eines normalen Tagesbedarfs. Wer diese Menge nicht zuführt, zwingt den Körper, seine eigenen Reserven anzugreifen, was zu einem rapiden Leistungsabfall führt. Die Energieplanung ist somit kein Nebenschauplatz, sondern das Fundament Ihrer körperlichen Autarkie.

Die Lösung liegt im Kalorien-Dichte-Prinzip: Maximale Energie bei minimalem Gewicht und Volumen. Doch wie setzt man das budgetfreundlich um? Die Antwort findet sich oft in den Regalen von Discountern. Produkte wie Erdnussbutter, Haferflocken oder Studentenfutter sind nicht nur leicht und haltbar, sondern bieten auch ein unschlagbares Verhältnis von Kalorien pro Euro. Eine strategische Einkaufsliste, die auf diesem Prinzip basiert, ist Gold wert.

Kalorien pro Euro bei deutschen Discountern
Produkt Laden kcal/100g €/kg kcal/€
Studentenfutter Aldi 450 5,99 750
Erdnussbutter Lidl 625 3,99 1566
Haferflocken Penny 370 1,49 2483

Eine präzise Energieplanung verhindert nicht nur den Leistungseinbruch, sondern reduziert auch das Packgewicht erheblich. Indem Sie auf hochkalorische Lebensmittel setzen, können Sie die benötigte Menge an Nahrung und damit das Gesamtgewicht Ihres Gepäcks signifikant senken.

Wie viele Kilometer sind mit Gepäck realistisch ohne Überanstrengung?

Die Frage nach der täglichen Distanz wird oft mit dem Ego beantwortet, nicht mit der Vernunft. Viele Bikepacker, insbesondere Anfänger, planen Etappen, die sie unter Idealbedingungen vielleicht schaffen würden, die aber mit Gepäck, Höhenmetern und unvorhergesehenen Herausforderungen zur reinen Qual werden. Anstatt die Freiheit zu genießen, kämpfen sie sich von A nach B und kommen völlig erschöpft an. Die Kunst der autarken Tour liegt jedoch nicht in der Maximierung der Kilometer, sondern in der Nachhaltigkeit der Anstrengung.

Ein anschauliches Beispiel liefert David aus dem Rheingau, der als absoluter Anfänger eine 1000-km-Tour zum Bodensee und zurück dokumentierte. Seine Strategie war simpel, aber brillant: Er plante 80% seiner Tagesetappen bewusst unter 150 km und hielt sich 20% als Puffer für schwierige Tage, schlechtes Wetter oder einfach nur, um einen schönen Ort länger genießen zu können. Seine 80/20-Regel funktionierte. Er kam erschöpft, aber nicht überfordert an und hatte die mentale und physische Kapazität, die Reise zu genießen.

Radfahrer genießt entspannte Mittagspause mit Rad am See

Um die eigene Belastungsgrenze objektiv einschätzen zu können, ist ein systematischer Ansatz hilfreich. Anstatt nur auf die Kilometer zu schauen, können Sie ein persönliches Kilometer-Budget oder einen Belastungs-Score entwickeln. Dieses System berücksichtigt die wahren Energiefresser einer Etappe: Höhenmeter und Untergrund. Es hilft, Touren realistisch zu planen und Überlastung proaktiv zu vermeiden.

  • Basis-Kilometer: Jeder gefahrene Kilometer zählt 1 Punkt.
  • Höhenmeter-Faktor: Pro 100 Höhenmeter addieren Sie 5 Punkte.
  • Untergrund-Multiplikator: Für Abschnitte auf Schotter oder Trails multiplizieren Sie die entsprechenden Kilometer-Punkte mit 1,5.
  • Gepäck-Malus: Pro 5 kg Gepäck addieren Sie 10% auf den Gesamt-Score des Tages.
  • Nachhaltigkeits-Ziel: Streben Sie einen täglichen Gesamt-Score von unter 100 Punkten an, um langfristig leistungsfähig zu bleiben.

Wie Sie Route, Wasser, Proviant und Übernachtung für 3 Tage im Nationalpark Harz organisieren?

Die Planung einer kurzen, dreitägigen autarken Tour ist der perfekte Test für Ihr persönliches Autarkie-System. Nehmen wir den Nationalpark Harz als konkretes Beispiel, um die strategischen Säulen – Route, Wasser, Proviant und Übernachtung – in der Praxis anzuwenden. Anstatt dem überlaufenen Harzer Hexen-Stieg zu folgen, wählen wir eine anspruchsvollere Alternative, um dem Prinzip der Routen-Freiheit gerecht zu werden.

Route: Die Volksbank Arena Harz bietet ein Netz weniger bekannter Trails. Eine mögliche 3-Tages-Route könnte über ca. 140 km und 3.400 Höhenmeter führen. Die Planung erfolgt mit den zuvor genannten Techniken, wobei man gezielt auf weniger frequentierte Forst- und Wanderwege achtet, die für Mountainbikes freigegeben sind.

Proviant: Für drei Tage müssen Sie Ihren Energiebedarf decken. Basierend auf der 4.000-6.000-kcal-Regel benötigen Sie also 12.000-18.000 kcal. Unter Anwendung des Kalorien-Dichte-Prinzips stellen Sie ein Paket aus Haferflocken, Nussmus, Trockenfrüchten, Hartkäse und vielleicht etwas Ölpulver zusammen. Das Gesamtgewicht der Nahrung sollte so bei nur 2-3 kg liegen.

Wasser: Der Harz ist relativ wasserreich, aber man kann sich nicht auf jeden Bach verlassen. Eine strategische Wasserplanung ist unerlässlich. Dazu gehört die Identifizierung verlässlicher Quellen auf der Karte und die Mitnahme eines Wasserfilters oder von Reinigungstabletten als Standardausrüstung.

  • Ilsequelle: Gilt als ganzjährig verlässlich und hat Trinkwasserqualität.
  • Oderteich: Immer wasserführend, das Filtern wird jedoch empfohlen.
  • Bäche um Torfhaus: Nach Regentagen gut nutzbar, ansonsten mit Vorsicht zu genießen.
  • Notfall-Option: Viele Schutzhütten verfügen über Regenwasser-Zisternen.

Übernachtung: Da das Zelten in Nationalparks streng reglementiert ist, ist eine vorherige Recherche entscheidend. Anstatt illegal zu campen, nutzt man die legalen, aber dennoch naturnahen Optionen wie ausgewiesene Trekkingplätze, die man oft online für eine geringe Gebühr (z.B. 10€/Nacht) buchen kann. Dies ist der Kompromiss zwischen Autarkie und Naturschutz.

Die 5 Ausrüstungsfehler, die 70% der Wanderer am zweiten Tag bereuen

Die Euphorie des ersten Tages weicht oft am zweiten der harten Realität. Kleine Versäumnisse bei der Ausrüstungsplanung entpuppen sich unter Belastung als große Probleme. Während der Titel von Wanderern spricht, sind die Fehler beim Bikepacking identisch und die Konsequenzen durch die höhere Geschwindigkeit und die mechanische Komponente oft noch gravierender. Es sind selten die großen Dinge, die eine Tour scheitern lassen, sondern die Summe kleiner, vermeidbarer Fehler.

Die Analyse hunderter Tourberichte kristallisiert vier Kernfehler heraus, die immer wieder auftreten und leicht vermieden werden könnten, wenn man sie vorab kennt. Diese Fehler sind nicht technischer Natur, sondern Resultat mangelnder Voraussicht und fehlender Tests.

  1. Falscher Reifendruck: Viele fahren mit dem gleichen Druck auf Asphalt wie auf Schotter. Die Regel ist: Pro 5 kg Gepäck den Druck um ca. 0,2 bar erhöhen. Auf Schotter und Trails dann aber wieder um bis zu 1 bar reduzieren, um Traktion und Komfort zu verbessern.
  2. Die Schönwetter-Falle: Auch im Hochsommer kann das Wetter in Mittelgebirgen schnell umschlagen. Wer auf eine Regenjacke und eine warme Isolationsschicht verzichtet, riskiert eine gefährliche Auskühlung bei einem Wettersturz oder nach einem langen Anstieg in der nassen Kleidung.
  3. Ungetestete Ernährung: Neue Energieriegel oder Gels erst auf der Tour auszuprobieren, ist ein Glücksspiel. Magenprobleme können eine Tour ruinieren. Jedes Nahrungsmittel muss vorher unter Belastung auf einer langen Trainingsfahrt getestet werden.
  4. Fehlende Post-Ride-Kleidung: Nach der Ankunft im Camp sofort in trockene, saubere Wechselkleidung zu schlüpfen, ist entscheidend, um ein Auskühlen zu verhindern und die Regeneration zu fördern. Ein kleines Set aus leichter Hose und Shirt gehört in jede Tasche.

Diese Fehler zeigen, dass Vorbereitung der Schlüssel ist. Es geht nicht nur darum, was man einpackt, sondern wie man es einsetzt und ob man sein System kennt. Wie Michael Lupow, eine bekannte Stimme in der deutschen Bikepacking-Szene, treffend bemerkt:

Der Unterschied zwischen einer guten und einer schlechten Tour liegt oft in den Details der Vorbereitung – nicht in der Fitness.

– Michael Lupow, YouTube-Kanal Bikepacking Adventures

Das Wichtigste in Kürze

  • Autarkie ist ein System aus Ausrüstung, Energieplanung und Routenwissen; es ist keine reine Materialfrage.
  • Die Gramm-pro-Funktion-Analyse, bei der jedes Ausrüstungsteil auf seine Effizienz geprüft wird, ist der Schlüssel zu einem leichten Rad.
  • Echte Routenfreiheit und Abenteuer finden sich oft abseits der populären „Heatmaps“ auf vergessenen Wegen.

Wie Sie eine 3-tägige Trekkingtour in deutschen Nationalparks sicher planen und durchführen?

Totale Autarkie bedeutet nicht nur, unabhängig von Infrastruktur zu sein, sondern auch die Verantwortung für die eigene Sicherheit vollständig zu übernehmen. Besonders auf Solotouren in abgelegenen Gebieten wie deutschen Nationalparks ist ein durchdachtes Risikomanagement kein „Kann“, sondern ein „Muss“. Die Freiheit, die Sie suchen, ist direkt an die Disziplin gekoppelt, mit der Sie Ihre Sicherheit planen.

Der erste Schritt der Sicherheitsplanung ist die Recherche. Jeder Nationalpark hat spezifische Regeln. Im Bayerischen Wald ist das Radfahren nur auf Wegen mit über 2 m Breite erlaubt, während die Sächsische Schweiz das Radfahren in den Kernzonen komplett untersagt. Die Website des jeweiligen Nationalparks ist die primäre und einzig verlässliche Informationsquelle. Ein Verstoß aus Unwissenheit kann nicht nur teuer werden, sondern auch sensible Ökosysteme schädigen.

Der zweite, noch wichtigere Schritt ist die Entwicklung eines persönlichen Notfallplans. Was passiert, wenn Sie einen Unfall haben, keinen Handyempfang haben und sich nicht mehr bewegen können? Sich allein auf das Glück zu verlassen, ist keine Strategie. Ein strukturiertes Risikomanagement in drei Stufen stellt sicher, dass im Notfall eine Rettungskette aktiviert wird.

3-Stufen-Risikomanagement für Solotouren

Dieses System schafft ein mehrstufiges Sicherheitsnetz, ohne die Freiheit einzuschränken.

  • Stufe 1 (Information): Informieren Sie mindestens zwei vertrauenswürdige Kontaktpersonen über Ihre exakte geplante Route, inklusive möglicher Alternativen, und den voraussichtlichen Zeitplan.
  • Stufe 2 (Kommunikation): Vereinbaren Sie tägliche, feste Check-in-Zeiten (z. B. „Ich melde mich jeden Abend um 20 Uhr per SMS/WhatsApp“).
  • Stufe 3 (Eskalation): Definieren Sie einen klaren Wenn-Dann-Plan. Beispiel: „Wenn du bis 24 Stunden nach dem vereinbarten Check-in nichts von mir hörst und mich nicht erreichen kannst, ruft Kontaktperson A die zuständige Bergwacht an und gibt die Routeninformationen durch.“

Zusätzlich sollten Sie technische Hilfsmittel wie einen GPS-Tracker oder die dauerhafte Smartphone-Ortung für Notfälle aktivieren und immer, auch bei kurzen Tagestouren, einen Notfall-Biwaksack dabeihaben, um eine unplanmäßige Nacht im Freien zu überstehen.

Diese strategische Herangehensweise an die Sicherheit ist der letzte Baustein für wahre Autarkie. Um eine Tour in jedem Gelände sicher durchführen zu können, müssen Sie lernen, wie ein Profi zu planen und potenzielle Risiken zu minimieren.

Beginnen Sie jetzt mit der Planung Ihrer ersten wirklich autarken Tour, indem Sie Ihr persönliches Belastungs-Profil erstellen und Ihre Ausrüstung einem kritischen Audit nach dem Gramm-pro-Funktion-Prinzip unterziehen. Die totale Freiheit wartet nicht am Ende eines Radwegs, sondern am Ende einer gut durchdachten Vorbereitung.

Geschrieben von Matthias Bergmann, Matthias Bergmann ist staatlich geprüfter Bergwanderführer und zertifizierter Wilderness Guide mit 12 Jahren Erfahrung in deutschen Nationalparks und Naturschutzgebieten. Er leitet regelmäßig mehrtägige Trekkingtouren durch den Bayerischen Wald, die Sächsische Schweiz und die Mecklenburgische Seenplatte und verfügt über Zusatzqualifikationen als Kanuguide und Outdoor-First-Responder.