
Erfolgreiche Wildtierbeobachtung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von Regelkenntnis und Respekt vor der Natur.
- Das strikte Wegegebot in Schutzgebieten dient dem Schutz überlebenswichtiger Rückzugsorte und ist rechtlich bindend.
- Die richtige Ausrüstung (unauffällige Kleidung, gutes Fernglas) und das Wissen um die besten Beobachtungszeiten (Dämmerung) sind entscheidend.
Empfehlung: Verstehen Sie sich nicht als bloßer Besucher, sondern als Gast im Lebensraum der Tiere. Das Einhalten der Schutzgebiets-Etikette ist der Schlüssel zu authentischen und störungsfreien Naturerlebnissen.
Der Wunsch, ein scheues Reh im Morgenlicht zu erspähen, den majestätischen Flug eines Kranichs zu erleben oder gar den seltenen Luchs durch den Wald huschen zu sehen, treibt viele Naturfreunde in Deutschlands Schutzgebiete. Doch oft endet die Suche enttäuschend oder, schlimmer noch, mit einer unwissentlichen Störung der Tiere. Viele verlassen sich auf die gängigen Tipps wie „leise sein“ oder „Tarnkleidung tragen“, doch diese greifen zu kurz. Sie kratzen nur an der Oberfläche dessen, was eine wirklich respektvolle und erfolgreiche Beobachtung ausmacht. Die Welt der Wildtiere funktioniert nach eigenen, sensiblen Gesetzen.
Was wäre, wenn der Schlüssel zu unvergesslichen Tierbegegnungen nicht allein in der Geduld oder der Ausrüstung liegt, sondern im tiefen Verständnis für die ökologischen Zusammenhänge und die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser besonderen Orte? Die wahre Kunst besteht darin, die „Sprache“ des Waldes und die Logik der Schutzvorschriften zu verstehen. Es geht darum, vom passiven Zuschauer zum bewussten, informierten Beobachter zu werden – zu einem Partner des Naturschutzes. Nur wer die Regeln kennt und die Gründe dahinter versteht, kann seinen ökologischen Fußabdruck minimieren und die Chancen auf eine Sichtung maximieren, ohne Schaden anzurichten.
Dieser Leitfaden, verfasst aus der Perspektive eines Rangers, führt Sie durch die essenziellen Aspekte der störungsfreien Wildtierbeobachtung. Wir klären rechtliche Grundlagen, geben praxiserprobte Tipps zur Vorbereitung, zeigen die besten Orte für bestimmte Arten und erklären, wie Sie selbst einen aktiven Beitrag zum Artenschutz leisten können. Betrachten Sie dies als Ihre Einweisung in die Schutzgebiets-Etikette.
Der folgende Artikel ist Ihr umfassender Wegweiser, um die faszinierende Tierwelt Deutschlands mit dem nötigen Respekt und Wissen zu entdecken. Jede Sektion baut auf der vorherigen auf und macht Sie Schritt für Schritt zu einem verantwortungsbewussten Naturbeobachter.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Weg zur respektvollen Wildtierbeobachtung
- Warum Sie in Schutzgebieten auf Wegen bleiben müssen, während Wanderwälder freien Zugang erlauben?
- Wie Sie Fernglas, Kleidung und Verhalten für einen Schutzgebietsbesuch richtig wählen?
- Vogelbeobachtung an der Ostsee oder Luchs-Tracking im Harz: Welches Schutzgebiet für welche Art?
- Die 4 Verbote in Schutzgebieten, die 90% der Besucher nicht kennen und bis zu 5000 € kosten
- Wann morgens oder abends die Chance auf Wildtier-Sichtungen um 200% steigt?
- Wie Sie Rehe, Vögel und Füchse in deutschen Wäldern fotografieren ohne sie zu vertreiben?
- Wie Sie mit Apps wie iNaturalist oder NABU Ihre Sichtungen wissenschaftlich verwertbar machen?
- Wie Sie auf Reisen durch Deutschland konkret zum Artenschutz beitragen können?
Warum Sie in Schutzgebieten auf Wegen bleiben müssen, während Wanderwälder freien Zugang erlauben?
Viele Wanderer kennen und schätzen das freie Betretungsrecht im Wald, das im Bundeswaldgesetz verankert ist. Es erlaubt uns, uns zur Erholung auch abseits der Wege zu bewegen. Doch sobald Sie ein Schild mit der Aufschrift „Naturschutzgebiet“ oder „Nationalpark“ passieren, ändert sich die Rechtslage fundamental. Hier hat das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) Vorrang, und dessen oberstes Ziel ist der Schutz von Natur und Landschaft, nicht die Erholung des Menschen. Eine aktuelle Studie von Greenpeace zeigt, dass 67% der Wälder in Deutschland in Schutzgebieten liegen, was die Bedeutung dieser Regel unterstreicht.
Der Grund für das strikte Wegegebot ist die Existenz unsichtbarer, aber lebenswichtiger Zonen für Wildtiere. Abseits der Pfade befinden sich Äsungsflächen, auf denen Rehe und Hirsche Nahrung suchen, Ruhezonen, in die sie sich bei Gefahr zurückziehen, und Brutplätze von bodenbrütenden Vögeln. Jedes Verlassen des Weges bedeutet eine potenzielle Störung. Ein Mensch, der querfeldein geht, zwingt die Tiere zur Flucht. Das kostet wertvolle Energie, die besonders im Winter überlebenswichtig ist. Zudem kann es dazu führen, dass Muttertiere ihre Jungen verlassen oder Vögel ihr Gelege aufgeben.
In Nationalparks wird diese Idee durch ein Zonierungskonzept weiter verfeinert. Es gibt oft eine Kernzone, die für Besucher komplett gesperrt ist und als ungestörter Rückzugsraum dient, und eine Entwicklungs- oder Pflegezone, in der die Natur sich selbst überlassen wird, aber auf markierten Wegen betreten werden darf. Das Wegegebot ist also keine Schikane, sondern das grundlegendste Instrument, um einen Kompromiss zwischen Naturerlebnis und Artenschutz zu finden. Es schafft berechenbare Korridore für den Menschen und sichert den Tieren die ungestörten Räume, die sie zum Überleben brauchen.
Wie Sie Fernglas, Kleidung und Verhalten für einen Schutzgebietsbesuch richtig wählen?
Nachdem wir die wichtigste Regel – das Wegegebot – verinnerlicht haben, geht es an die Feinabstimmung. Erfolgreiche Beobachtung ist eine Frage der Unauffälligkeit. Sie müssen für das Wildtier praktisch unsichtbar und unhörbar werden. Das beginnt bei der Kleidung und endet beim bewussten Verhalten. Ziel ist es, die eigenen Sinne zu schärfen und die der Tiere nicht zu alarmieren.
Die Wahl der Kleidung ist entscheidend. Helle, leuchtende Farben sind tabu. Setzen Sie auf Naturfarben wie Braun, Grün oder Grau, die mit der Umgebung verschmelzen. Noch wichtiger ist das Material: Vermeiden Sie Stoffe, die bei jeder Bewegung rascheln, wie viele moderne Regenjacken. Leise Materialien wie Wolle, Fleece oder Loden sind ideal. Brechen Sie zudem Ihre menschliche Silhouette. Eine Kopfbedeckung ist Pflicht, da der menschliche Kopf für viele Tiere ein klares Warnsignal ist. Handschuhe verbergen die hellen, sich bewegenden Hände. Denken Sie auch an Ihr Geruchsmanagement: Verzichten Sie an Beobachtungstagen komplett auf Parfüm, stark duftendes Deo oder Kosmetika. Die feine Nase eines Rehs wittert Sie sonst auf hunderte Meter Entfernung.

Das wichtigste Werkzeug ist ein gutes Fernglas. Es ermöglicht Ihnen, Details zu erkennen, ohne die Fluchtdistanz der Tiere zu unterschreiten. Für die meisten Situationen, insbesondere in der Dämmerung, ist ein Fernglas der Größe 8×42 oder 10×42 optimal. Diese bieten eine hohe Lichtstärke und ein ruhiges Bild. Bewegen Sie sich immer langsam und bedacht. Richten Sie sich nach dem Wind und positionieren Sie sich so, dass er von den Tieren zu Ihnen weht. Und der vielleicht wichtigste Tipp: Schalten Sie Ihr Handy und die Kamera in den „Silent Mode“. Nichts ist ärgerlicher als ein schriller Benachrichtigungston, der in der Stille des Waldes ein ganzes Rudel Hirsche zur Flucht veranlasst.
Vogelbeobachtung an der Ostsee oder Luchs-Tracking im Harz: Welches Schutzgebiet für welche Art?
Deutschland bietet eine beeindruckende Vielfalt an Landschaften und Schutzgebieten, die jeweils auf bestimmte Tierarten spezialisiert sind. Die gezielte Auswahl des richtigen Ortes zur richtigen Zeit erhöht die Beobachtungschancen enorm. Es macht wenig Sinn, im Sommer im Hochgebirge nach balzenden Birkhähnen zu suchen oder an der Küste auf die Hirschbrunft zu hoffen. Jeder Lebensraum hat seine eigenen Stars und seine eigene Saison.
Die folgende Übersicht, basierend auf Empfehlungen von Experten für Wildtierbeobachtung, gibt einen ersten Anhaltspunkt, welches Schutzgebiet sich für welche Highlight-Art besonders eignet. Sie zeigt, dass Planung der Schlüssel zum Erfolg ist.
| Schutzgebiet | Beste Zeit | Highlight-Arten | Besonderheiten |
|---|---|---|---|
| Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft | September | Rothirsche, Kraniche | Brunft vor Ostseekulisse |
| Nationalpark Hainich | Ganzjährig | Europäische Wildkatze | UNESCO-Weltnaturerbe |
| Nationalpark Harz | Winter (Schnee) | Luchs, Rothirsch | Wildtier-Beobachtungsstationen |
| Lausitz | Frühjahr/Herbst | Wolf | Geführte Spurensuche |
| Rühstädt (Prignitz) | April-Juli | Weißstorch | Europäisches Storchendorf |
Praxisbeispiel: Luchsbeobachtung im Nationalpark Harz
Der Nationalpark Harz zeigt beispielhaft, wie gezielte Angebote das Naturerlebnis kanalisieren und verbessern. An Orten wie dem Molkenhaus oder im Odertal wurden spezielle Wildtier-Beobachtungsstationen eingerichtet. Diese sind vom 1. Mai bis 30. September geöffnet und bieten geduldigen Besuchern die Chance auf authentische Begegnungen. Ausgestattet mit Fernglas, Sitzkissen und wetterfester Kleidung kann man von hier aus Rothirsche, Füchse und mit sehr viel Glück sogar einen Luchs erspähen. Absolute Ruhe ist hier oberstes Gebot, und Hunde sind nicht gestattet, um jegliche Störung zu vermeiden. Die Station im Odertal ist sogar barrierefrei zugänglich, was zeigt, dass Naturschutz und Inklusion Hand in Hand gehen können.
Die 4 Verbote in Schutzgebieten, die 90% der Besucher nicht kennen und bis zu 5000 € kosten
Neben dem bekannten Wegegebot existieren weitere, oft unbekannte Verhaltensregeln, deren Missachtung nicht nur die Tierwelt massiv stört, sondern auch empfindliche Strafen nach sich ziehen kann. Laut aktuellem Bußgeldkatalog drohen bei Verstößen gegen das Bundesnaturschutzgesetz Strafen von bis zu 5.000 Euro. Als Ranger sehe ich täglich, wie Unwissenheit zu gravierenden Fehlern führt. Hier sind die vier häufigsten und teuersten Übertretungen, die Sie unbedingt vermeiden sollten.
Die Regel-Logik dahinter ist immer der Schutz der Tiere vor Stress und Verhaltensänderung:
- Das Klangattrappen-Verbot: Die Nutzung von Apps mit Vogelstimmen oder anderen Lockrufen, um Tiere anzulocken, ist nach § 39 BNatSchG streng verboten. Ein abgespielter Ruf eines Rivalen versetzt einen Revierinhaber in massiven Stress. Er verschwendet Energie bei der Suche nach dem vermeintlichen Eindringling, vernachlässigt die Brutpflege oder die eigene Nahrungssuche.
- Das Drohnen-Flugverbot: In fast allen deutschen Naturschutzgebieten und Nationalparks herrscht ein absolutes Flugverbot für Drohnen. Das laute Surren wird von Vögeln als Bedrohung durch einen Greifvogel wahrgenommen. Es kann zu Panikreaktionen, zur Flucht vom Nest und zum Absturz von Jungvögeln führen. Auch Säugetiere reagieren extrem verstört auf die Fluggeräte.
- Das Geotagging-Verbot bei seltenen Arten: Ein Foto von einem seltenen Uhu-Brutplatz oder einem Luchs-Riss mit exakten Standortdaten auf Social Media zu posten, ist gut gemeint, aber fatal. Es kann als Beihilfe zur Störung gewertet werden, da es andere Fotografen oder Neugierige anlockt. Dieser „Fototourismus“ führt zu permanentem Stress am Brut- oder Ruheplatz und hat schon oft zum Scheitern von Bruten geführt.
- Das umfassende Fütterungsverbot: Dass man Wildtiere nicht mit Brot füttern sollte, ist bekannt. Aber auch ein achtlos weggeworfener Apfelrest oder Brotkrumen gelten als Fütterung. Dies führt zur Gewöhnung an den Menschen, zum Verlust der natürlichen Scheu und kann Krankheiten übertragen. Tiere, die ihre Scheu verlieren, werden oft zu „Problemfällen“ und müssen nicht selten getötet werden.
Wann morgens oder abends die Chance auf Wildtier-Sichtungen um 200% steigt?
Die richtige Zeit ist neben dem richtigen Ort der zweite entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Beobachtung. Die meisten Wildtiere sind nicht den ganzen Tag über aktiv. Sie folgen einem festen Rhythmus, der von Licht, Wetter und Jahreszeit bestimmt wird. Wer zur Mittagszeit bei strahlendem Sonnenschein durch den Wald spaziert, wird selten mehr als ein paar Singvögel sehen. Die wahre Magie entfaltet sich in den Übergangszeiten.
Wissenschaftliche Beobachtungen bestätigen: Die Dämmerungsstunden sind die mit Abstand aktivsten Phasen für die meisten Säugetiere und viele Vogelarten. Diese Zeit wird als „krepuskulare Phase“ bezeichnet – der Übergang von Tag zu Nacht und umgekehrt. In der Abenddämmerung, der „blauen Stunde“, findet ein Schichtwechsel statt: Tagaktive Tiere suchen ihre Schlafplätze auf, während nachtaktive Arten wie Fuchs, Dachs, Marder und viele Eulenarten auf die Jagd gehen. Rehe und Hirsche nutzen diese Zeit intensiv zur Nahrungsaufnahme (Äsung), da sie sich im schwindenden Licht sicherer fühlen.

Die Morgendämmerung, die „goldene Stunde“, ist ebenso produktiv. Der Wald erwacht, und die Tiere sind noch einmal aktiv, bevor sie ihre Tageseinstände aufsuchen. Ein weiterer Vorteil des frühen Morgens: Besonders im Winter bei leichtem Schneefall sind die Fährten der Nacht frisch und gut lesbar. Sie verraten, welche Tiere wo unterwegs waren. Auch das Wetter spielt eine Rolle: Nach einem leichten Sommerregen kommen Regenwürmer an die Oberfläche und locken eine Vielzahl von Vögeln an. Bei Vollmond sind nachtaktive Säugetiere oft deutlich aktiver, während an der Küste die Gezeiten den Rhythmus der Watvögel diktieren.
Wie Sie Rehe, Vögel und Füchse in deutschen Wäldern fotografieren ohne sie zu vertreiben?
Das Wohl des Tieres steht immer über dem perfekten Foto.
– Deutscher Jagdverband, Ethik-Kodex für Naturfotografen
Die Wildtierfotografie ist eine faszinierende Disziplin, birgt aber auch das größte Störpotenzial. Der Wunsch nach dem perfekten Bild verleitet viele dazu, die Fluchtdistanz der Tiere zu missachten oder sie aktiv zu verfolgen. Eine ethische Herangehensweise stellt das Wohl des Tieres jedoch immer an erste Stelle. Der Schlüssel dazu ist nicht die Pirsch, sondern der Ansitz.
Die Ansitz-Methode bedeutet, dass nicht Sie zum Tier gehen, sondern das Tier zu Ihnen kommt. Dies erfordert Vorbereitung und Geduld. Zuerst identifizieren Sie vielversprechende Orte. Suchen Sie nach Wildwechseln – ausgetretenen Pfaden im Unterholz –, nach frischen Spuren oder Kot (Losung). Wasserstellen, Suhlen (Schlammbäder von Wildschweinen) oder Waldwiesen sind ebenfalls Hotspots. Haben Sie einen guten Platz gefunden, beziehen Sie Ihre Position mindestens zwei bis drei Stunden vor der erwarteten Aktivitätszeit, also am besten am frühen Nachmittag für die Abenddämmerung. Nutzen Sie ein kleines Tarnzelt oder die natürliche Deckung von Büschen und Bäumen. Ab diesem Moment gilt: absolute Bewegungslosigkeit und Stille.
Technisch gesehen ist ein Teleobjektiv mit mindestens 400mm Brennweite unerlässlich. Es ermöglicht Ihnen, einen respektvollen Abstand zu wahren und die Tiere nicht zu bedrängen. Viele moderne Kameras verfügen über einen „Silent Shutter“ oder elektronischen Verschluss. Aktivieren Sie diese Funktion, um das laute Klacken des mechanischen Verschlusses zu vermeiden. Lernen Sie, die Stresssignale der Tiere zu deuten. Wenn ein Reh den Schwanz aufstellt (den „Spiegel“ blitzen lässt) oder nervös mit dem Huf scharrt, ist das ein klares Zeichen von Unbehagen. Senken Sie in diesem Moment sofort die Kamera und verhalten Sie sich passiv. Respektvolle Fotografie bedeutet, auf ein Bild zu verzichten, wenn das Tier gestresst ist.
Wie Sie mit Apps wie iNaturalist oder NABU Ihre Sichtungen wissenschaftlich verwertbar machen?
Jeder Besuch in einem Schutzgebiet kann mehr sein als nur ein persönliches Erlebnis. Mit dem Smartphone in der Tasche kann jeder Beobachter zum „Citizen Scientist“, zum Bürgerwissenschaftler, werden und wertvolle Daten für Forschung und Naturschutz liefern. Apps wie iNaturalist oder die NABU-Anwendungen („Insektensommer“, „Vogelwelt“) sammeln diese Beobachtungen und erstellen daraus Verbreitungskarten, überwachen Populationstrends und identifizieren Veränderungen in der Artenvielfalt.
Damit Ihre Meldung jedoch wissenschaftlich verwertbar ist, reicht ein einfaches „Habe einen Vogel gesehen“ nicht aus. Es geht darum, eine möglichst präzise und nachprüfbare Dokumentation zu erstellen. Ein gutes Beweisfoto ist die Grundlage. Fotografieren Sie das Tier oder die Pflanze aus mehreren Winkeln. Bei Insekten ist die Flügelzeichnung entscheidend, bei Vögeln die Schnabelform und Beinfarbe. Ein Größenvergleich, zum Beispiel eine daneben gelegte Münze (bei Pflanzen oder Spuren), kann ebenfalls sehr hilfreich sein.
Doch die Daten gehen über das Bild hinaus. Notieren Sie das Verhalten: Sucht das Tier nach Nahrung? Balzt es? Hören Sie einen Warnruf? Beschreiben Sie das Habitat so genau wie möglich: Handelt es sich um einen feuchten Waldrand, eine trockene Magerwiese oder ein Ufer an einem Bach? All diese Informationen helfen den Wissenschaftlern, die ökologischen Ansprüche einer Art besser zu verstehen. Wichtig: Bei seltenen oder störungsempfindlichen Arten wie Orchideen oder Eulen bieten die Apps eine Funktion, den Standort zu verschleiern. Nutzen Sie diese immer! So ist der genaue Fundort nur für die Projektadministratoren sichtbar und wird nicht öffentlich gemacht.
Checkliste für Ihre wissenschaftliche Artenmeldung
- Beweisfotos erstellen: Fotografieren Sie das Objekt aus mehreren Winkeln und fügen Sie nach Möglichkeit einen Größenvergleich hinzu.
- Merkmale dokumentieren: Achten Sie auf Details wie Flügelmuster, Schnabelform oder besondere Färbungen und notieren Sie diese.
- Verhalten beobachten: Notieren Sie, was das Tier tut (Nahrungssuche, Balz, Warnruf), um Kontext zu liefern.
- Habitat beschreiben: Geben Sie den Lebensraum an (z.B. Waldrand, Feuchtwiese, Totholz), um ökologische Daten zu sammeln.
- Daten präzisieren: Notieren Sie Datum, Uhrzeit, Wetterbedingungen und die geschätzte Anzahl der Individuen für eine vollständige Meldung.
Das Wichtigste in Kürze
- Regeln sind Schutz: Das strikte Wegegebot und die Verhaltensregeln sind keine Einschränkung, sondern der aktivste Beitrag zum Schutz der Wildtiere.
- Tarnung ist mehr als Farbe: Es geht um die Minimierung aller Störfaktoren – Geräusch, Geruch und Bewegung.
- Beobachtung als Beitrag: Jede Sichtung kann, korrekt dokumentiert, zu einem wertvollen Datensatz für die Wissenschaft werden (Citizen Science).
Wie Sie auf Reisen durch Deutschland konkret zum Artenschutz beitragen können?
Als verantwortungsbewusster Naturbeobachter können Sie weit mehr tun, als nur die Regeln im Schutzgebiet zu befolgen. Ihr Verhalten als Reisender und Konsument hat einen direkten Einfluss auf den Erhalt dieser wertvollen Lebensräume. Einer der effektivsten Wege, einen positiven Beitrag zu leisten, ist die bewusste Wahl Ihrer Unterkunft und Partner vor Ort.
Viele deutsche Nationalparks und Biosphärenreservate haben ein Netzwerk von zertifizierten Partner-Betrieben aufgebaut. Dies sind Hotels, Pensionen, Gaststätten oder Anbieter von geführten Touren, die sich freiwillig zu besonders hohen Nachhaltigkeitsstandards verpflichten. Sie verwenden regionale Produkte, wirtschaften ressourcenschonend und identifizieren sich stark mit den Zielen des Schutzgebiets. Oftmals zahlen diese Betriebe einen Teil ihrer Einnahmen direkt in Naturschutzprojekte ein oder unterstützen diese auf andere Weise. Im Nationalpark Harz beispielsweise finanzieren die Partner-Betriebe maßgeblich die Instandhaltung der Wildtier-Beobachtungsstationen und die Arbeit der Ranger.
Indem Sie gezielt bei diesen Partnern übernachten, einkehren oder eine Tour buchen, fließt Ihr Geld direkt zurück in die Region und unterstützt den Schutz der Natur, die Sie erleben möchten. Sie stärken eine nachhaltige Form des Tourismus, der beweist, dass Ökonomie und Ökologie keine Gegensätze sein müssen. Viele dieser Partner bieten zudem exklusive Erlebnisse an, wie geführte Wanderungen mit ausgebildeten Nationalpark-Führern, die Ihnen Einblicke gewähren, die Sie auf eigene Faust niemals bekommen würden. Sie investieren also nicht nur in den Naturschutz, sondern auch in die Qualität Ihres eigenen Erlebnisses.
Werden Sie vom stillen Beobachter zum aktiven Gestalter. Indem Sie diese Prinzipien bei Ihrer nächsten Reise anwenden, tragen Sie aktiv dazu bei, dass die faszinierende Wildnis Deutschlands auch für kommende Generationen erhalten bleibt. Planen Sie Ihren nächsten Ausflug bewusst und werden Sie Teil der Lösung.
Häufige Fragen zur Wildtierbeobachtung in Schutzgebieten
Welche Daten werden für die Wissenschaft benötigt?
Datum, Uhrzeit, genauer Standort (kann verschleiert werden), Anzahl der Individuen, Beweisfoto und idealerweise Angaben zum beobachteten Verhalten und Habitat-Typ.
Wie schütze ich seltene Arten vor Störung?
Nutzen Sie immer die Funktion ‚Standort verschleiern‘ bei seltenen oder geschützten Arten in Beobachtungs-Apps. Diese macht den genauen Fundort nur für Wissenschaftler sichtbar.
Kann ich auch unsichere Bestimmungen melden?
Ja! Melden Sie mit dem Vermerk ‚unsicher‘ – die Community und Experten helfen bei der Bestimmung. Mehrere Fotos aus verschiedenen Winkeln erhöhen die Bestimmungschance.